Mittwoch, 13. Juni 2012

Hallo Daddy.♥ l3.O6.2Ol2

Hallo Papa. c:
Vielleicht liest du das, vielleicht auch nicht. Eher nicht.
Im Himmel gibt's bestimmt kein Internet, hehe.
Heute ist der 13.
Ein Jahr und vier Monate schon.
Kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich nach Hause kam und mir Mama gesagt hat, was passiert ist. Wie sie da auf dem Sofa saß und geweint hat.
Und wie ich auf den Boden gesunken bin und mich nicht mehr eingekriegt habe.
Wie Lina mich getröstet hat und für mich da war.
Wie einfach alles anders wurde und ich so lange nicht mehr lachen konnte.
Es ist so viel passiert in letzter Zeit. So viele Dinge, bei denen ich dich gebraucht hätte. Doch du warst nie da. Du hast mich allein gelassen. Allein mit meinen Problemen. Allein mit meinen Sorgen und meinem Kummer.
Ich dachte am Anfang, dass ich das nicht ohne dich schaffen würde.
Tue ich auch nicht. So oft zweifle ich noch dran.
So oft fließen Tränen, weil ich dich brauche.
Ich würde dich gern einfach noch mal umarmen und dir sagen, dass du der wichtigste Mensch in meinem Leben warst und ich dich liebe.
Wie konntest du mich hier allein lassen?
Wie konntest du Mama allein lassen?
Ja, sie hat Lukas. Aber das ist was anderes. Sie ist total anders.
Sie sorgt sich mehr und lässt uns kaum aus den Augen.
Sie liebt ihn nicht so, wie dich. Glaube ich.
Niemand wird je den Schmerz heilen, den du verursacht hast.
Es gibt keine Sekunde, in der ich nicht an dich denke und in der du nicht fehlst.
Der schlimmste Tag in meinem Leben? -Deine Beerdigung.
Ich habe noch nie so etwas schreckliches erlebt.
So viele weinende Leute auf einem Haufen.
So viele Leute, die sonst stark scheinen und dort ist deren Fassade zerbrochen.
Ich wollte noch nie so sehr sterben, wie dort. Und ich habe noch nie so sehr gelitten.
Weißt du das eigentlich?
Niemand versteht das.
Alle glauben, dass es mir wenigstens besser geht. Doch das stimmt nicht. Nicht im Geringsten.
Das einzige, was bleibt, sind die Erinnerungen und Fotos.
Ich hoffe, dass mich diese Erinnerungen niemals verlassen. Sie sind das Einzige, was mich davon abhalten,komplett durchzudrehen.
Und mit niemandem kann ich reden. Weil das eh nichts bringt.
Wenn es mir dann wenigstens besser gehen würde. Aber es ist nicht so. Nicht mal die Therapie hat geholfen. Gut, dass alle das Gegenteil denken und ich aufhören durfte.
Das Gelaber hat eh nicht geholfen.
Meistens wurde es noch schlimmer und ich fing wieder an zu weinen.
Ich weine immer noch so oft wegen dir.
Sollen die Leute doch sagen, dass ich oft heule.
Dass ich schwach bin.
Dass ich nichts auf die Reihe bekomme und total kaputt bin.
Dann bin ich halt schwach. Ich habe nie behauptet, stark zu sein.
Ich wäre es gern, doch so ist es nicht.
Es wäre schön, wenn jemand mal sagen würde, dass ich stark bin und es auch so meint.
Die, die das sagen, meinen es nicht ernst.
Ich will kein Mitleid.
Ich will nicht, dass man über mich sagt, dass ich einem leid tun kann. Ich will Respekt. Respekt, weil ich noch nicht aufgegeben habe.
Trotz so vieler Gründe.
Und ich werde auch noch nicht aufgeben.
Es gibt so viele Momente, in denen ich dich brauche. Ich brauche jemanden, der für mich da ist.
Der mir sagt, was richtig und was falsch ist.
Der mir zuhört und mir hilft.
Ich brauche dich einfach.
Wie du morgens am Tisch sitzt, Kaffee trinkst und Mama aus der Zeitung vorliest. Und sie dich anmacht, weil ihr das so egal ist, was da steht. Dann hast du sie immer angegrinst und sie hat dir einen Entschuldigungskuss gegeben.
Wie du zur Arbeit gehst und am Nachmittag wieder kommst.
Wie du mich fragst, was die Schule macht.
Oder was die Liebe macht.
Wie es mir geht. Wie es mir wirklich geht.
Oder wie wir immer Eis essen gegangen sind.
Wie du mich immer angesehen hast, wenn ich etwas falsch gemacht habe.
Oder als ich klein war und du mir Geschichten erzählt hast, damit ich besser schlafen konnte. Selten Geschichten, die es schon gab. Immer selbst ausgedachte. Das waren die Besten, weil dort immer alles gut war. Nie war jemand traurig. Immer ging es allen gut. Und wenn nicht, hast du dafür gesorgt, dass es ein Happy End gab.
Ich brauche deine Ratschläge. Wie wir nachts am Küchentisch saßen, mit einer Tasse Kakao und geredet haben. Egal, wie spät es war. Das war dir nie wichtig.
Dir war nur wichtig, dass ich wieder lächeln konnte.
Es tut mir leid, dass ich dich so oft enttäuscht habe.
Es tut mir leid, dass ich so ein schlechter Junge war und dich nie stolz machen konnte.
Ich wäre gern der Sohn gewesen, den du dir gewünscht hast.
Der Sohn, mit dem du angeben konntest.
Aber so war ich nie.
Deswegen versuche ich das jetzt.
Vielleicht siehst du das sogar. Vielleicht ist es auch umsonst. Ich weiß es nicht.
Und ich warte auf den Tag, an dem ich dich endlich wieder sehen kann.
Doch bis dahin dauert es noch eine Weile. Vielleicht auch nicht, wer weiß das schon.
Ich liebe dich.